Seit Ende Mai verfügt die Fotostiftung Schweiz über eine eigene Besucher-Applikation. Die in Winterthur befindliche Stiftung setzt sich für die Erhaltung, Erforschung und Vermittlung von fotografischen Werken ein. Schwerpunkt ist die Schweizer Fotografie des 20. Jahrhunderts. Auch mit Archivarbeit und Nachlassverwaltung wurde die Einrichtung durch dass Bundesamt für Kultur beauftragt. Die eigenen Ausstellungen und Publikationen stellen regelmäßig historische und aktuelle Positionen der Schweizer Fotografie vor.

© Philipp Ottendörfer

Digitale Begleitung als neue Form des Audioguides

Als erste Ausstellung wurde „Blind Spots“ von Dominic Nahr (geb. 1983) in die Anwendung eingepflegt. Die von MyOrpheo erstellte App dient hauptsächlich zum Einspielen von Kommentaren des Fotografen. Sie ist in Schweizerdeutsch und Englisch verfügbar. Die Reiseberichte, Eindrücke und nicht selten nachdenklich stimmenden Kommentare von Dominic Nahr werden somit digital vermittelt. Die App kann sowohl für iOS- und Android-Smartphones als auch für Tablets heruntergeladen werden. Zudem sind vor Ort einige Leihgeräte vorhanden, welche die multimediale Lösung für alle Besucher zugänglich machen. Besonders an der Audioguide-App ist, dass diese dabei hilft, eine gewisse Nähe zum Fotografen herzustellen. Die Schilderungen Nahr´s bilden eine moderne Form des Audioguides, der die Besucher emotional an die Themen und Werke zu fesseln im Stande ist.

Über die Ausstellung „Blind Spots“ von Dominic Nahr

© Philipp Ottendörfer

„Blind Spots“ zeigt das Gerüst der internationalen Krisenherde Südsudan, Somalia, Mali und der Demokratische Republik Kongo auf. Jedoch gelingt es Dominic Nahr mit seinen Bildern stets, tief

in die Lebenswelten, Stimmungen und Krisen der Menschen einzutauchen. Die Produktionen enthüllen zudem die bittere Erkenntnis, dass der Verfall und die oftmals nicht erfüllten Bedürfnisse an Grundversorgung und Sicherheit tief in der Kolonialgeschichte dieser Länder wurzeln. Doch auch die Hilflosigkeit gegenüber der Interessen fremder Mächte bleibt nicht im Dunkeln. Fern von der Wahrnehmung der Weltöffentlichkeit, versucht Dominic Nahr blinde Flecken (blind spots) aufzudecken und die Wahrnehmungs- und Verdrängungsmechanismen aufzugreifen.

Die Applikation soll in Zukunft auch als digitaler Begleiter durch weitere Ausstellungen in der Fotostiftung Schweiz dienen. Dazu soll gemeinsam eine Lösung zum Content Management erarbeitet werden, die der Fotostiftung die Möglichkeit bietet, auch weiterhin aus den klassischen Formen des Audioguides auszubrechen.